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PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 - Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung"

Zwischenbericht mit ersten Essenzen

Um auch in Zukunft ein leistungsfähiges Gesundheitssystem mit der besten medizinischen Versorgung für die österreichische Bevölkerung zu gewährleisten, müssen wir im System Veränderungen durchführen. Wir werden in Zukunft nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität der Versorgung sicherstellen müssen. Diese Entwicklungen aufzunehmen, durchzudenken und sich die Konsequenzen bewusst zu machen – das soll der neue Ansatz von PRAEVENIRE Initiative Gesundheit 2030 sein, der dazu führt, dass Gutes bewahrt und Neues gestaltet wird.

Seit dem Kick-off im Mai 2019 bei den PRAEVENIRE Gesundheitstagen im Stift Seitenstetten arbeiten internationale und nationale Expertinnen und Experten sowie Kooperationspartner in 15 Themenkreisen an Schwerpunkten wie Gesundheitskompetenz, Prävention, Früherkennung von Krankheiten, Versorgung, Rehabilitation und Reintegration, Pflege und Betreuung, Digitalisierung sowie Innovation und Finanzierung. Gemäß dem Grundsatz des Vereins PRAEVENIRE — Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung, dass es um Menschen und nicht um Systeme geht, stehen bei allen Überlegungen immer die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt.

Bei der Erarbeitung des Weißbuchs „Zukunft der Gesundheitsversorgung" kristallisieren sich folgenden ZEHN THESEN heraus:

  1. Der Patient muss in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems gestellt werden.

Die Menschen haben ein Anrecht auf die beste medizinische Versorgung. Das System ist nicht ausreichend patienten-, sondern zu sehr interessenorientiert. Ein Grundsatz von PRAEVENIRE ist, dass es um Menschen und nicht um Systeme geht. Ausgehend von den Patientinnen und Patienten muss definiert werden, was benötigen diese wann, wo, von wem und in welcher Form. Auch müssen für eine gelungene Sicherung und Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems Partikularinteressen hintangestellt werden.

  1. Die Gesundheitskompetenz der Menschen soll gestärkt und Prävention gefördert werden. 

Jede Investition in Prävention spart ein Vielfaches an späteren Kosten. Präventionsangebote in Anspruch zu nehmen liegt vor allem in der Eigenverantwortung der Menschen. Diese Eigenverantwortung kann nur dann eingefordert werden, wenn die Menschen ausreichend über Gesundheitskompetenz verfügen. Es muss versucht werden, Gesundheitskompetenz und Prävention in allen Lebensbereichen – beginnend im Kindergarten, Schule und Arbeitsplatz – zu fördern und entsprechende Zuständigkeiten festzulegen. Bestehende Potenziale wie das niederschwellige Angebot mit ausgebildeten Fachkräften wie z.B. in den Apotheken sollen verstärkt eingebunden werden.

  1. Der Patient muss durch das Gesundheitssystem gesteuert werden.

Das Gesundheitssystem muss für ein effizientes Funktionieren gut strukturiert sein – ganz nach dem Leitsatz „structure follows strategy". Ein Gelingen dieses Zugangs verlangt auch, dass die Patientinnen und Patienten durch das System geleitet werden.

  1. Die Finanzierung des Gesundheitssystems soll aus einem Topf erfolgen.

Die derzeitige Zersplitterung der Finanzierung führt zu Zielkonflikten innerhalb der bestehenden Strukturen, welche eine zukunftsorientierte Planung und Optimierung des Systems behindern. Eine Finanzierung aus einem Topf birgt die Chance in sich, die vorhandenen Mittel effizienter einzusetzen undEffizienzpotenziale für die Finanzierung dynamischer Innovationen zu nutzen. Die Sozialversicherung soll dabei weiter eine zentrale Rolle spielen.

  1. Der niedergelassene Bereich muss gestärkt und für die Herausforderungen der Zukunft abgesichert werden.

Ohne bedeutende Primärversorgung ist keine adäquate Steuerung des Systems möglich, vor allem bei der Geleitung der Patientinnen und Patienten durch das System. Zu wesentlichen Maßnahmen zählt dabei die Stärkung des Hausarztes, von Hausarztmodellen bis hin zum Ausbau von Primärversorgungszentren. Eine Stärkung des niedergelassenen, auch fachärztlichen Bereichs bewirkt eine Entlastung des intramuralen Bereichs, wodurch Kapazitäten für andere Schwerpunkte geschaffen werden. Mit einem gestärkten niedergelassenen Bereich wird auch das Ziel vermehrter früherer Diagnosen und wohnortnaher Versorgung unterstützt.

  1. Die Vernetzung der einzelnen Gesundheitsberufe muss gestärkt und diese müssen zukunftsfit gemacht werden. 

Um Herausforderungen der Zukunft wie den demografischen Wandel oder verstärkten Pflegebedarf zu bewältigen, bedarf es einer besseren Vernetzung innerhalb des Gesundheitssystems. Die Ausbildungscurricula der jeweiligen Gesundheitsberufe sollen überprüft und gegebenenfalls adaptiert werden. Eine optimale Vernetzung der Gesundheitsberufe verlangt auch eine Anpassung der Berufsrechte.

  1. Eine verbesserte Qualitätssicherung und höhere (qualifizierte) Transparenz im Gesundheitssystem soll geschaffen werden.

Zum Wohle der Patientinnen und Patienten soll das österreichische Gesundheitssystem transparenter werden. Ein wichtiger Aspekt für höhere Transparenz und daraus resultierende Möglichkeiten zur verstärkten Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten ist die Veröffentlichung qualifizierter Daten. Die Gewährleistung eines durchgängigen, flächendeckenden modernen Qualitätsmanagements im intramuralen Bereich führt zu einer Qualitätsoptimierung der Versorgung.

  1. Die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung sollen für die Patientinnen und Patienten sowie das System verstärkt genutzt werden.

Die digitale Transformation des Gesundheitswesens geht mit der Vernetzung aller Informationen, Werkzeuge und Akteurinnen und Akteure einher. Diese Entwicklung ermöglicht neue digital unterstützte Behandlungsmethoden und -instrumente, welche die Arbeit von Gesundheitsberufen unterstützen und Patientinnen und Patienten befähigen, mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. Bei einer Ausschöpfung der in der Digitalisierung sich bergenden Potenziale können eine Verbesserung und Zukunftssicherung der Versorgung sowie höhere Effizienz unseres solidarischen Gesundheitssystems erzielt werden.

  1. Der Forschungsstandort Österreich muss weiter gestärkt werden.

Österreich hat eine lange Tradition hervorragender medizinischer und wissenschaftlicher Leistungen. Um dies weiter gewährleisten zu können, muss der Standort insbesondere im Bereich der medizinischen Forschung gestärkt werden. Dafür bedarf es eines Zusammenspiels und gegenseitigen Verständnisses von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

  1. Die Integration der Gesundheitsversorgung muss intensiviert werden.

Zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung der österreichischen Bevölkerung soll eine starke Ausrichtung an populationsorientierten integrierten Versorgungsmodellen erfolgen. Die Menschen haben ein Anrecht auf die beste medizinische Versorgung – unabhängig davon, ob sie in einem Ballungszentrum oder einer ländlichen Region ihren Lebensmittelpunkt haben –, wobei für die jeweiligen Systeme nach österreichweiten Vorgaben z.B. in der Qualität auch regionaler Spielraum vorhanden sein muss.