Rückblick und Vorschau

„Für zukünftige EDV-Investitionen muss es volle Kostenabgeltung geben"

Alfred Hayr, Referent für medizinischen Datenschutz, Chipkarte und EDV der Ärztekammer für Wien (bis Mai 2012), über die Erfahrungen aus dem ersten Jahr der E-Card-Implementierung und welche Lehren daraus für die zukünftigen E-Überweisung und E-Zuweisung gezogen werden müssen.

Es ist soweit: Auch die letzten Wiener Kassenordinationen sind mit dem E-Card-System ausgerüstet. Seit beinahe einem Jahr ist der Roll-out offiziell abgeschlossen, in etwa 2100 Praxen hängen am Netz.
Ganz ohne Probleme ist das natürlich nicht gegangen: Beim Roll-out gab es Terminschwierigkeiten, Installationsprobleme und Leitungsschäden. Bei der Integration in die Ordinations-EDV gab es bei den Programmen einiger Softwarehersteller wiederholte Systemabstürze. Die Supporthotline des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger war insuffizient und vielfach hoffnungslos überfordert. Deren Mitarbeiter*innen flüchteten sich dann allzu oft aufs hohe Ross der Arroganz: „Das Problem liegt nicht in unserer Sphäre." 
Wenn in der Ordination mit GINA und EDV nichts mehr geht, kommt Ärger auf: bei den Ärzt*innen, bei den Ordinationshilfen, und natürlich auch bei den Patienten*innen, die mit ihrer kleinen grünen Karte „wachelten" und nicht verstanden, warum sie trotz moderner Technik länger warten mussten.

Dabei war das Team der Ärztekammer-Hotline unter Leitung von Jürgen Schwaiger unermüdlich darum bemüht, Kolleg*innen in Schwierigkeiten vor Sackgassen zu bewahren oder wieder herauszuhelfen. Gleichzeitig konnten durch das begleitende Controlling des IT-Sachverständigen der Ärztekammer für Wien, Thomas Hrdinka,  schwer wiegende Probleme im GIN-Netz rasch erkannt werden: Es handelte sich meist um regionale Leitungsschwächen und unterdimensionierte Knotenpunkte, die die E-Card-Performance erlahmen ließen. Hrdinka konnte die Ursachen dieser Probleme nicht nur rasch und zielsicher identifizieren, sondern auch kurzfristig deren Behebung erwirken.

Verwunderung bis Empörung lösten die von den Softwarefirmen geforderten Kosten für die Integration des E-Card-Systems in die Arzt-EDV und die laufenden Wartungskosten aus.
Ein weiters Zusatzfeature konnte man  sich dann – in Form des ABS-Moduls – auch gleich anschaffen. Wieder nicht ganz billig, wie das Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Ärztekammer unter allen E-Card-Ärzten gezeigt hat: Für die volle Integration der E-Card und des ABS-Moduls wurden im Durchschnitt nämlich ungefähr 600 Euro pro Arzt an die führenden Arzt-Softwarehersteller überwiesen (siehe Grafik „Integrationskosten"). Nicht eingerechnet sind hier die schon erwähnten zusätzlichen monatlichen Wartungskosten.

Bei der Frage nach dem Preis-/Leistungsverhältnis schneiden die Produkte natürlich auch nicht gerade berauschend ab. Viele Kolleginnen und Kollegen konnten nicht wirklich erkennen, welchen Komfort ihnen die zusätzliche Software bieten sollte. Betrachtet man aber das umständliche Handling des E-Card- Systems an der GINA-Oberfläche, so leisteten sich viele doch lieber den Luxus der oft teuren Integration. Software-Entwicklung und -Programmierung haben eben ihren Preis – vor allem, wenn von Seiten des Hauptverbands und seiner für die E-Card-Software verantwortlichen Tochter, der SVC, die Spezifikationen für die Software-Hersteller vorgegeben werden.

Diese Vorgaben erfolgen manchmal in einer Geschwindigkeit, bei der vor allem die kleinen Hersteller mit der Anpassung ihrer Software an Releasewechsel nicht mehr nachkommen. Das Resultat: Speed kills oder hohe Kosten. 
Wenn es dann zu Schwierigkeiten kommt, werden die Hotlines der Arzt-EDV-Hersteller strapaziert. Unsere Umfrage ergab, dass die Firmen hier mit wenigen Ausnahmen eine recht ordentliche Performance abliefern und von den Befragten durchschnittlich mit „Gut" beurteilt wurden. Insgesamt wurden 350 Fragebögen zu diesem Thema an uns retourniert. Dies entspricht in etwa 30 Prozent aller Ordinationen, die das E-Card-System in ihre Software integriert haben.

Was bringt die Zukunft?
Zur Zeit wird gerade an der elektronischen Überweisung und Zuweisung gearbeitet. Wozu beides gut sein soll, welchen Nutzen und Vorteil sie Patienten*innen und Ärzt*innen bringen sollen, ist noch völlig unklar, aber jedenfalls wurde diesmal von der SVC der begrüßenswerte Weg, gemeinsam mit  allen Beteiligten und vor allem mit der Wiener Ärzteschaft ein Pilotprojekt auf die Beine zu stellen, eingeschlagen. Allerhöchsten Wert wird die Ärztekammer dabei auf die Wahrung von Patientenrechten, Einhaltung des Datenschutzes und Sicherung der ärztlichen Schweigepflicht legen. Den Verantwortlichen schreiben wir von allem Anfang an ins Stammbuch, dass die Kosten diesmal nicht wieder ausschließlich von der Ärzteschaft getragen werden können und es volle Kostenabgeltung für EDV-Investitionen und zusätzlichen organisatorischen, administrativen und bürokratischen Aufwand in den Ordinationen geben muss, da man sonst mit keinerlei Mitarbeit seitens der Ärzt*innenschaft mehr rechnen kann.