Sterbeverfügung

Seit dem 1. Jänner 2022 ist das neue Sterbeverfügungsgesetz [Bundesgesetz über die Errichtung von Sterbeverfügungen (Sterbeverfügungsgesetz – StVfG)] in Kraft.
Hier können Sie sich einen Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten verschaffen. Für Fragen steht Ihnen gerne die Rechtsabteilung der Ärztekammer für Wien unter mmmcmVjaHRAYWVrd2llbi5hdA== zur Verfügung.

1. Welche Personen können grundsätzlich eine Sterbeverfügung errichten?
Die sterbewillige Person muss ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben oder österreichische Staatsangehörige sein. Zudem muss sie zum Zeitpunkt der Aufklärung sowie zum Zeitpunkt der Errichtung der Sterbeverfügung volljährig und entscheidungsfähig sein. Die Entscheidungsfähigkeit muss zweifelsfrei gegeben sein. 

2. Welcher Krankheitszustand muss für die Errichtung einer Sterbeverfügung gegeben sein?  
Eine Sterbeverfügung kann nur errichtet werden, wenn die sterbewillige Person an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet, deren Folgen die gesamte Lebensführung negativ beeinflusst. Darüber hinaus muss die Krankheit einen Leidenszustand mit sich bringen, der sich nicht abwenden lässt. Ob ein solcher Leidenszustand vorliegt, ist von einer der aufklärenden ärztlichen Personen zu bestätigen.

3. Welche Voraussetzungen sind weiters für die Errichtung einer Sterbeverfügung auf ärztlicher Seite zwingend notwendig? 
Der Errichtung einer Sterbeverfügung muss eine Aufklärung durch zwei ärztliche Personen vorangehen. Eine von den beiden ärztliche Personen muss eine palliativmedizinische Qualifikation (Betreuung schwerkranker Patient*innen mit stark begrenzter Lebenserwartung) aufweisen.
Das Gesetz sieht einen Mindestinhalt der ärztlichen Aufklärung vor (Näheres dazu unter Punkt 4)
Die ärztlichen Personen müssen unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und einen freien und selbstbestimmten Entschluss geäußert hat.

4. Was hat die ärztliche Aufklärung für einen Mindestinhalt?

  • Mögliche Behandlungs- oder Handlungsalternativen, insbesondere Hospizversorgung und palliativmedizinische Maßnahmen sowie einen Hinweis auf die Möglichkeit der Errichtung einer Patientenverfügung oder auf andere Vorsorgeinstrumente, insbesondere Vorsorgevollmacht oder Vorsorgedialog.
  • Dosierung des Präparats (Natrium-Pentobarbital oder ein anderes, durch Verordnung festgelegtes Mittel) und Begleitmedikation zur Verträglichkeit des Medikamentes.
  • Art der Einnahme des Präparats, Auswirkungen und mögliche Komplikationen bei der Einnahme und die Möglichkeit der Ablehnung lebensrettender Behandlungen mittels Patientenverfügung.
  • Hinweis auf konkrete Angebote für ein psychotherapeutisches Gespräch sowie für suizidpräventive Beratung und
  • Hinweis auf allfällige weitere im konkreten Fall zielführende Beratungsangebote.
  • Die wesentlichen Inhalte dieser Aufklärung sind schriftlich zu vermerken. Mittels Unterschrift sind die Aufklärung, die Entscheidungsfähigkeit der sterbewilligen Person und deren freier und selbstbestimmter Entschluss zur Beendigung des Lebens zu bestätigen. Weiters ist das Vorliegen einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen und dieser Leidenszustand nicht anders abwendbar ist, ärztlich zu bescheinigen.

5. Wann kann dann eine Sterbeverfügung errichtet werden?
Frühestens zwölf Wochen nach der ersten ärztlichen Aufklärung. Ausnahmsweise ist die Errichtung bereits zwei Wochen nach der ärztlichen Aufklärung zulässig, wenn eine ärztliche Person bestätigt hat, dass die sterbewillige Person an einer unheilbaren, zum Tod führenden Erkrankung leidet und in die terminale Phase eingetreten ist: Die Krankheit hat ein Stadium erreicht, die nach medizinischem Ermessen voraussichtlich innerhalb von sechs Monaten zum Tod führen wird.

6. Bei wem und in welcher Form kann eine Sterbeverfügung errichtet werden?
Die Errichtung einer Sterbeverfügung kann durch einen Notar oder eine*n rechtskundige*n Mitarbeiter*in der Patientenvertretungen erfolgen. Die Sterbeverfügung ist höchstpersönlich und schriftlich zu errichten.

7. Was ist dabei besonders zu beachten?
Der Entschluss der sterbewilligen Person muss frei von Irrtum, List, Täuschung, physischem oder psychischem Zwang und Beeinflussung durch Dritte und selbstbestimmt sein. 
Es besteht auch die Möglichkeit eine oder mehrere hilfeleistende Personen in der Sterbeverfügung anzugeben, welche die sterbewillige Person bei der Durchführung der lebensbeendenden Maßnahmen unterstützen. Die hilfeleistenden Personen müssen volljährig und entscheidungsfähig sein. 

8. Welche Details gilt es, bei der Errichtung einer Sterbeverfügung seitens der Notar*innen oder Patientenanwält*innen zu beachten?
Sie müssen vor der Errichtung der Sterbeverfügung der sterbewilligen Person nochmals die Dokumentation über die ärztliche Aufklärung wiedergeben. Zudem ist die sterbewillige Person über rechtliche Aspekte, wie die mögliche Errichtung einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht, die Errichtung einer letztwilligen Verfügung, die strafrechtlichen Grenzen der Hilfeleistung und weitere Rechtsfolgen zu belehren.

9. Was geschieht mit der Sterbeverfügung?
Das Original der Sterbeverfügung ist der sterbewilligen Person auszuhändigen und eine Abschrift der Sterbeverfügung ist von der für die Aufbewahrung verantwortlichen Person aufzubewahren. Unmittelbar nach Errichtung der Sterbeverfügung haben Notar*in/Patientenanwält*in bestimmte Informationen an das Sterbeverfügungsregister zu melden. Wichtig: Eine Sterbeverfügung verliert nach einem Jahr ihre Wirksamkeit.

10. Ist ein*e Ärzt*in verpflichtet, eine Sterbeverfügung zu errichten?
Das Sterbeverfügungsgesetz stellt sicher, dass niemand, weder der*die Ärzt*in noch der*die Apotheker*in noch sonstige Hilfspersonen verpflichtet sind, in welcher Form auch immer, an der Errichtung einer Sterbeverfügung mitzuwirken.

Ergänzend darf auf die Homepage des Vereins „Letzte Hilfe“ verwiesen werden. Auf dieser kann ein Musterformular für das ärztliche Aufklärungsgespräch abgerufen werden.

Sollten sich im Rahmen dieser Aufklärung ein Hinweis auf eine krankheitswerte psychische Störung ergeben, deren Folge der Wunsch der Beendigung des Lebens sein könnte, ist vor Ausstellung dieser Bestätigung eine Abklärung einschließlich Beratung durch eine*n Fachärzt*in für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin oder eine*n klinische*n Psycholog*in zu veranlassen.