Presseaussendungen
Verbotspolitik wird Spitäler nicht retten
Ferenci: „Nur positive Anreize können dem Exodus aus dem öffentlichen Gesundheitssystem entgegenwirken“
Im Vorfeld des Protestmarsches der Spitalsangestellten am kommenden Montag, den 4. Dezember hat sich Gesundheitsstadtrat Peter Hacker im „Presse“-Interview zum Thema Vollzeitbeschäftigung von Spitalsärztinnen und -ärzten zu Wort gemeldet. Wenn Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitssystem bleiben sollen, gelinge das nur mit positiven Anreizen und nicht mit beruflichen Verboten, sagt der Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci.
Nach der Vorstellung eines Mini-Pakets für die Angestellten des stadteigenen Wiener Gesundheitsverbundes (WiGev), wolle die Stadt Wien nun offenbar mittels Verbotspolitik in die ärztliche Tätigkeit eingreifen, warnt Ferenci. Man teile die Einschätzung, dass es einen großen Pool an vollzeitbeschäftigten Spitalsärztinnen und -ärzten brauche.
Ferenci: „Das erreicht man aber nicht mit Verbotspolitik. Wenn man den Betroffenen ehrlich zuhört, versteht man auch, warum viele Kolleginnen und Kollegen nicht ihre komplette berufliche Laufbahn Vollzeit im Spital verbringen können. Eine solche Beschäftigung bedeutet regelmäßig mindestens einen 25-Stunden-Dienst pro Woche, sowie am Wochenende und an Feiertagen zu arbeiten. Ab einem gewissen Alter und vor allem auch mit Familie ist das eine unglaubliche psychische und physische Belastung, verstärkt durch die demographische Entwicklung bei Zunahme der Arbeitsintensität. Es ist Schwerstarbeit. Für viele Kolleginnen und Kollegen ist ein beruflicher Ausgleich mit mehr Zeit für Patientinnen und Patienten – wie es in einer Wahlarztordination möglich ist – oftmals sehr wichtig.“
Verantwortung für Spitalskrise nicht auf Belegschaft abwälzen
Wenn Kolleginnen und Kollegen aus Pflege und Ärzteschaft ihre ohnehin an Überstunden reiche Arbeitszeit reduzieren wollen, dürfe man das nicht als Anlass für Verbotspolitik nehmen. „So wird von den eigentlichen Problemen abgelenkt. Nicht die Beschäftigten sind schuld am Exodus aus den Wiener Spitälern! Das jüngst vorgestellte Mini-Paket für die WiGev-Angestellten enthält keine Wertschätzung in Form marktkonformer Gehälter für die große Mehrheit, keine Personaloffensive, keine attraktiven Arbeitszeitmodelle und keine zukunftsorientierten Ideen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Spitälern. Die Umsetzung dieser wesentlichen Voraussetzungen würde den Personalabgang dämpfen bzw. neue Kolleginnen und Kollegen ansprechen.“
Der 10-Punkte-Plan zur Rettung der Wiener Spitäler der Ärztekammer für Wien enthält Maßnahmen zur Lösung der strukturellen Probleme. Ferenci betont, was es akut brauche: „30 Prozent mehr Personal, 30 Prozent mehr Zeit für Patientinnen und Patienten, 30 Prozent mehr Gehalt und 30 Prozent weniger Bürokratie. Als Wahlärztin oder Wahlarzt haben sie genau das: Zeit für ihre Patientinnen und Patienten. Darum sollte es eigentlich auch im öffentlichen Gesundheitssystem gehen. Den Großteil der Nebenbeschäftigungen von Spitalsärztinnen und -ärzten machen übrigens keine Wahlarztordinationen aus, sondern jetzt schon Vertretungstätigkeiten in Krankenkassenordinationen, Nacht- und Feiertagsdienste für den Ärztefunkdienst oder Erstversorgungsambulanzen der Wiener Spitäler, sowie Dienste als Theaterärztin bzw. Theaterarzt, die ärztliche Betreuung von Großveranstaltungen, oder Ausbildungen und Tätigkeiten in anderen Bereichen.“
Ferenci abschließend: „Teile der Stadtregierung sind offenbar leider bereits im Wahlkampfmodus. Doch der Gesundheitsstadtrat ist zuallererst oberster Arbeitgeber der Wiener Spitalsbeschäftigten. Als solcher wäre es wichtig, auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu hören, gemeinsame Lösungen der bestehenden Probleme zu finden und strukturelle Änderungen anzugehen. Da diese Gespräche puncto Lösungsansätze bis jetzt leider nicht möglich waren, wird am Montag in der Wiener Innenstadt protestiert“.
Los geht es am Montag, den 4. Dezember um 14 Uhr am Neuen Markt in der Wiener Innenstadt. Die Ärztekammer für Wien hat zur Vernetzung und Organisation von Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsprechende Kommunikationskanäle eingerichtet. Auf https://streik.aekwien.at werden FAQs und weitere Informationen zu den Streik- und Kampfmaßnahmen bereitgestellt.